Filme und Drehbücher gewinnen Awards und Trophäen, Schauspieler werden für ihre Leistungen gefeiert, sogar die Filmtechnik lobt Oscars aus. Doch eine Gruppe gerät oftmals in den Hintergrund: die der Kostümbildner. Dabei leisten sie ebenso wertvolle, oftmals unterschätzte Arbeit, meint Riccarda Merten-Eicher, selbst seit 30 Jahren im Geschäft. Auf dem Theater- und Filmkolloquium der Prolight + Sound 2015 liest sie aus ihrem Buch „Kostümbildner in Film, TV und Theater“ und erklärt, welche Magie vom Kostüm ausgeht. Einen ersten Einblick gibt sie bereits in einem Kurz-Interview mit dem Team der PLS.
Interview Kostümbildner
Warum sind Kostüme für Film und Fernsehen so wichtig? Kostüme sind unmittelbar mit dem Körper verbunden und senden die allerersten Signale einer Gestalt aus. Sie sind als eigenständiges filmisches Mittel in ein subtiles Spiel eingebunden, zielen mit ihrer Sprache auf eine spezifische Wahrnehmung und nicht nur darauf, schön zu sein. Mithilfe von im Team gestalteten, eigentlich fiktiven Personen sind Filme und Theaterstücke in der Lage, Menschen noch wirklich zu berühren. Sie loten Beziehungen aus, stellen Charaktere auf den Prüfstein und bieten dem Publikum an, mit Filmfiguren oder Menschen auf der Bühne innerlich zu kommunizieren, sich von ihnen anregen und verzaubern zu lassen. Was genau macht ein Kostümbildner? Wir ziehen eine oder mehrere Film- oder Theaterfiguren an, sodass sie authentisch wirken und die Beziehung zum Publikum im Sinne der Rolle aufbauen können. Bei der Auswahl eines souveränen Kostümbildes müssen wir bedacht, handverlesen und dramaturgisch genau vorgehen. Kostüme sind keine Dekoration als Selbstzweck. Kostümbildner ahmen keine Figuren nach, sondern sind individuelle Urheber ihrer Geschöpfe. Ihre Konzeption hängt ab vom persönlichen Blick, der inneren Stimme, dem Geschmack und der Fähigkeit, zu einem künstlerisch verdichteten, sichtbaren Resultat zu kommen. Wie wird man Kostümbildner? Es gibt keinen vorgezeichneten Weg in den Beruf der Kostümbildner, aber Voraussetzungen und die Motivation, die hinterfragt werden sollten. Was beflügelt mich, dieses Gewerbe auszuüben? Was bedeuten mir Bilder? Nehme ich Farben intensiver wahr als andere? Denke und erinnere ich in Bildern? Wie steht es mit der Offenheit fremden Themen gegenüber, der Neugier auf Geschichten und der Ernsthaftigkeit in Bezug auf Verantwortung? Wie stelle ich mir den aufregenden, kräftezehrenden, selten glamourösen, dabei konfliktträchtigen und oft niederschmetternden Einsatz vor? Erstrebe ich etwa Bewunderung in einer Glamourwelt? Kann ich Kritik und Ablehnung ertragen? Ich weiß nicht, ob ich soweit gehen sollte zu sagen, es ist eine Berufung, aber eine Liebe auch bis zur Besessenheit für diesen Beruf sollte spürbar oder im Laufe der ersten Erfahrungen erkennbar werden. Auf jeden Fall sollte man Film- und Theaterliebhaber sein, ein Cineast im besten Sinne. Vielen Dank für das Interview! Riccarda Merten-Eicher liest am Donnerstag, 16. April von 14 bis 15.30 im Theater- und Filmkolloquium. Um Anmeldung wird gebeten. Bildquelle: Benjamin Ochse