Das Wort „Terror“ löst in vielen Menschen große Angst und einen schalen Beigeschmack aus. Denn gerade in Bezug auf große öffentliche Veranstaltungen mit vielen Besuchern stellt sich die Frage: Wie sicher sind wir dort wirklich? Die Ereignisse in Manchester beim Ariana-Grande-Konzert oder die Unterbrechung des Festivals „Rock am Ring“ erwecken auf den ersten Blick den Eindruck, als wäre niemand mehr sicher. Aber stimmt das? Sollten wir deswegen alle Großveranstaltungen meiden oder noch schlimmer: einstellen?
Weniger als drei Prozent der Todesfälle im Westen durch Terroranschläge
Mit dieser Frage beschäftigt sich auch der Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik (VPLT) seit einiger Zeit. Er arbeitet intensiv mit der IGVW, Event Safety Alliance, mit Behörden, Politik und allen Stakeholdern zusammen, um Events so sicher wie möglich zu machen. Denn auch wenn die Berichterstattung direkt nach solchen schrecklichen Ereignissen etwas anderes suggeriert, weniger als drei Prozent der Todesfälle im westliche Raum werden durch Terroranschläge verursacht. Deswegen ist es umso wichtiger, die Sachlage rational und ruhig zu betrachten. Das ist auch ein Anliegen des VPLT, der vor allem für Pressevertreter neutrale Hinweise und Infomaterial zur Veranstaltungssicherheit anbietet. Denn: Der Kampf gegen den Terrorismus beginnt bei der Berichterstattung.
Fest steht: Ein erklärtes Ziel des Terrorismus ist, andauernde Angst in der westlichen Bevölkerung zu erzeugen. Solche Panik kann nur vermieden werden, wenn alle Fakten tiefgründig recherchiert und umfassend verbreitet werden – vor allem über die seriösen Medien und in sozialen Netzwerken. Denn kaum einen war bewusst, dass der Anschlag in Manchester eindeutig im öffentlichen Raum stattfand, also vor dem ersten Sicherheitsring des Veranstalters und außerhalb des eigentlichen Spielortes.
Solidarität und Widerstand: Ein Zeichen gegen Terrorismus
Der Terrorismus kann nur dann gewinnen, wenn die Bevölkerung sich durch die Anschläge verunsichern und in ihrem täglichen Leben einschränken lässt. Die Reaktionen aus der Branche zeigen jedoch: Fans, Künstler, Veranstalter und Techniker lassen sich nicht einschüchtern. Das Benefizkonzert von Ariane Grande mit 50.000 friedlichen Fans ist ein deutliches Zeichen für die Solidarität und den Willen, trotz menschenfeindlicher Ideologien zusammenzustehen.
Der Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik (VPLT) ist auch in diesem Jahr auf der Prolight + Sound vertreten gewesen und unterstützt maßgeblich die Gestaltung des Konferenzprogramms mit mehr als 20 Vorträgen. Darüber hinaus konnten Besucher Informationen zu DEAplus und weiteren Bildungseinrichtungen, zu Zertifizierungen der Branche, zu EU-Projekten sowie zum VPLT.JOB.market erhalten.
Interview mit Randell Greenlee über Sicherheit auf Veranstaltungen
Das zeigt auch folgendes kurzes Interview mit Randell Greenlee, Bereich Internationale Kommunikation und Politik.Was sind die größten Herausforderungen, die Beteiligte der Veranstaltungswirtschaft jetzt bewältigen müssen?
Alle Beteiligte in der Veranstaltungswirtschaft haben seit Jahren kontinuierlich an Verbesserungen im Bereich der Veranstaltungssicherheit gearbeitet. Die potentiellen Gefährdungen durch terroristische Anschläge stellen natürlich besondere Herausforderungen dar. Die Branche nimmt diese Bedrohung ernst und entwickelt und implementiert Maßnahmen in Bereichen der Prävention, Abwehr und Schutz der Besucher, um dieser entgegenzuwirken. Letztendlich bleiben aber immer ein Restrisiko sowie die Erkenntnis, dass Veranstaltungen, statistisch gesehen, an sich sehr sichere Orte der menschlichen Begegnungen sind.
Welche Lösungsansätze sehen Sie für die Branche?
Es gibt schon sehr gute Strukturen zur Evaluierung und Handhabung von Gefahren in der Branche. Wenn diese Bestandteile des Sicherheits- und Notfallmanagements konsequent mit allen Beteiligten umgesetzt werden, haben wir, wie schon erwähnt, ein Restrisiko, das in unserem Verständnis von einer offenen demokratischen Gesellschaft annehmbar ist. Veranstaltungen waren bereits vor der aktuellen Terrorgefahr nicht 100% sicher. Trotzdem: Die überwiegende Mehrzahl von Veranstaltungen laufen ohne sicherheitsrelevante Probleme ab. Es ist selbstverständlich geworden, dass die Veranstaltungsbranche ein aktives Mitwirken und Verständnis der Besucher erwartet. Taschenkontrollen und ein frühes Erscheinen wegen der Sicherheitsmaßnahmen werden aber – nach unseren Erfahrungen – von den Besuchern akzeptiert. Die friedliche und ordnungsgemäße Evakuierung nach einem Terrorhinweis der Polizei beim diesjährigen “Rock am Ring”-Festival ist ein gutes Beispiel dafür, dass das Publikum ein entsprechendes Bewusstsein und Verhalten an den Tag legt. Auf jedem Fall versucht die Branche, alle Maßnahmen zu ergreifen, das Recht auf einen möglichst sicheren Besuch einer Veranstaltung zu garantieren. Dem Ziel der Terroristen, dieses zu unterbinden, werden wir stets durch sinnvoll überlegtes Handeln entgegnen.
Welche Maßnahmen halten Sie für sinnvoll/ nicht sinnvoll?
Jede Veranstaltung ist anders. Wer schon bei einer Großveranstaltung beim Sicherheitskonzept mitgewirkt hat, weiß, die Auswahl der Maßnahmen ist veranstaltungsspezifisch. Die Besucher sind sensibilisiert und diese Einstellung ist am wichtigsten. Die Meldungen der Medien führen oft dazu, dass der Eindruck erweckt wird, dass gerade Veranstaltungen gefährdet seien. Wir wünschten uns daher eine präzise Berichterstattung. Der Anschlag in Manchester fand im öffentlichen Raum statt – vor der ersten Sicherheitskontrolle des Veranstalters. Trotzdem wurde der Eindruck vermittelt, der Anschlag sei im Bereich der Verantwortung des Veranstalters passiert. Das macht den Anschlag nicht „annehmbarer“ oder weniger schlimm, aber welche Maßnahmen hätte der Veranstalter, der nicht für diesen Bereich zuständig war, ergreifen sollen? Die Sicherheitsbehörden sind, auch nach den Erkenntnissen um die Ermittlungen um das Attentat im Dezember 2016 in Berlin, in der Pflicht, auch ihren Job professionell auszuführen.
Welche Worte möchten Sie persönlich an zögernde Besucher aber auch Veranstalter richten, die sich in ihrer Entscheidung für eine Großveranstaltung nicht sicher sind?
Ich weiß, dass bei diesem Thema nicht der Verstand, sondern Emotionen im Vordergrund stehen. Das wissen die Terroristen auch. Die Ursachen des Terrors sind vielfältig. Einfache und schnelle Lösungen, die ein Ende von Terroranschlägen herbeiführen könnten, sind nicht in Sicht. Keine Veranstaltung, kein Flug, kein Spaziergang an einem touristischen Ziel ist vor einem Anschlag 100% sicher. Allerdings: im Jahr 2016 gab es in der BRD 13 Todesopfer durch terroristische Anschlägen bei Veranstaltungen. Im gleichen Zeitraum ertranken 537 Menschen. Gehen Sie lieber zum Konzert oder zum Volksfest – vermeiden Sie Schwimmbäder und Badeseen. Diese sind – statistisch gesehen – für Menschen viel gefährlicher.