Zwei Jahre lang war die gesamte Veranstaltungsbranche durch die Corona-Pandemie lahmgelegt. Jetzt kann es endlich wieder losgehen, und auch die Menschen sehen sich wieder nach den realen Events, die nun bundesweit wieder stattfinden können.
Allerdings wird die Veranstaltungsbranche indes vor neue Probleme gestellt. Die schwierigen Rahmenbedingungen erschweren das Comeback zusätzlich. Es herrscht Materialknappheit, die Lieferketten sind unterbrochen und die Preise steigen aufgrund der Kosten für Nachhaltigkeit und Digitalisierung.
Ein weiterer Punkt, der sich erschwerend auf die Branche ausgewirkt hat, ist der Fachkräftemangel, verursacht durch die Pandemie.
Heißer Konzertsommer
In diesem Sommer starten nach zwei ausgefallenen Festivalsommern endlich wieder neue Veranstaltungen. Events können nachgeholt werden, neue Veranstaltungen finden statt. So waren einige große Festivals sofort ausgebucht und liefern sehr erfolgreich. Andere Großevents waren innerhalb weniger Stunden bereits ausverkauft.
Anders sieht es bei Events im kleinen Rahmen aus. Theater und Clubs bleiben mit den Besucherzahlen noch weit unter ihren Erwartungen zurück. Die Besucher haben noch Tickets, die während der Pandemie nicht eingelöst werden konnten, andere vermeiden aufgrund gestiegener Lebenshaltungskosten auf den Kauf von Konzerttickets. Hinzu kommen ältere Besucher, die aus Angst vor einer Infektion auf Veranstaltungen verzichten.
Eine weitere Herausforderung sind die teilweise verschobenen und neuen Events. Diese laufen nun oft parallel, zahlreiche Veranstaltungsorte sind überbelegt. Viele Firmen nehmen daher Projekte oder Aufträge gar nicht mehr an. Kunden zögern, bevor sie verbindlich Personal oder Equipment buchen.
Aber auch die Messebranche blickt zuversichtlich nach vorn, so fand die Hannover Messe zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder statt. Jedoch erschweren Reisebeschränkungen aufgrund von Corona den Besuch der Messen für ausländische Besucher auch weiterhin. Aussteller wie Besucher können nicht an den Messen teilnehmen.
Viel zu tun – aber kein Personal
Das wohl größte Problem der Veranstaltungsbranche dürfte aber der Personalmangel sein. Dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren wohl noch weiter verschlechtern. Das Erwerbspersonal in Deutschland schrumpft gerade. Zusätzlich haben durch Kurzarbeit und Lockdown viele Unternehmen ihre Mitarbeiter an andere Arbeitgeber aus krisenfesten Branchen wie Logistik, Lieferdienste oder Testzentren verloren.
Schon vor der Pandemie klagte die Branche über einen Mangel an ausgebildeten Fachkräften.
„Allerdings erschwert der hohe Anteil der Selbstständigen in der Veranstaltungstechnik, Engpässe konkret einzuschätzen.“ so Laura van Haperen, Bereichsleiterin Bildung und Recht beim VPLT.
Nach den zwei Jahren völligem Stillstandes sind nun zusätzlich auch die Hilfskräfte kaum oder schwerer zu finden und die Erhöhung des Mindestlohns fand parallel statt.
Bei dem zentralen Corona Hilfen gingen geringfügig Beschäftigte mit Minijob und Selbstständige oft leer aus. Letztere satteln als Spezialisten vielfach um. Sie kehren in ehemalige Berufe zurück, lassen sich umschulen und starten anderweitig neu durch.
Die Unternehmen gehen von einem Personalmangel von 30 bis 40 Prozent aus. Somit dürfte jeder Dritte die Veranstaltungsbranche verlassen haben.
Auch beim Nachwuchs hapert es: „Die Anzahl der Azubis, die sich als Fachkräfte für Veranstaltungstechnik ausbilden lassen, ist rückläufig“, so van Haperen. „Seit 2020 sinkt die Zahl der neuen Auszubildenden um circa 35 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren.“
Personal fehlt gerade in allen Bereichen: Es gibt zu wenig Ton- und Lichttechniker, Sicherheitspersonal, Eventmanager, Stagehands für den Auf- und Abbau an Bühnen oder bei Messen, Caterer, Helfer bei Festivals, Rigger haben sich umorientiert oder manche Mitarbeiter stehen nur noch in Teilzeit zur Verfügung. So kann es vorkommen, dass Personal extra von weiter weg rekrutiert werden muss. Kosten für Übernachtung, Fahrtkosten und Verpflegung kommen hinzu.
Viele vorhandene Beschäftige müssen geschult werden, und wieder stärker eingebunden werden. Der weiterhin hohe Krankenstand beim Fachpersonal tut sein Übriges.
Materialmangel und Lieferkettenprobleme
Die Corona Pandemie hat sich hierzulande massiv auf die Gesellschaft ausgewirkt. Aber auch international hat die Krise gezeigt, wie instabil die Wirtschaftsprozesse weltweit sind.
Die Branche rechnet fest damit, dass sich die Lieferprobleme in diesem Jahr nicht lösen lassen. So wird damit gerechnet, dass uns der Materialmangel noch bis ins Jahr 2023 begleiten wird.
So sind vom weltweiten Chipmangel nicht nur Automobilhersteller betroffen, auch die Hersteller der Veranstaltungstechnik sind davon abhängig, genau wie von Displays. Einen weiteren Mangel gibt es beim Baumaterial für Bühnentechnik und Equipment wie Zelte, Zäune oder Toilettencontainer.
Rasant steigende Inflation
Aber auch die steigende Inflation sorgt für einen Anstieg der Preise. Hauptgrund hierfür sind die gestiegenen Kosten für Energie. So waren die im Durchschnitt 87,1 Prozent höher als im Vormonat. Bei Dienstleistungen gab es einen Anstieg von 9,0 Prozent zum 1. Quartal 2022. Eine weitere Kostenexplosion gab es bei den Frachtkosten für die Seewege von China nach Nordeuropa.
In dieser international agierenden Branche ist der fallende Kurs des Euros eine zusätzliche Herausforderung: Gegenüber Juni des Jahres 2022 hat er zum Dollar einen Rückgang um rund 11,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Alle Produkte, die in Dollar abgerechnet werden, sind entsprechend teurer geworden. Produkte, die die Unternehmen in Euro anbieten, sind dagegen für den Weltmarkt zurzeit günstiger.
Hygienevorschriften, Digitalisierung und der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit
Die Corona Pandemie hat auch dazu geführt, dass strengere Hygienevorschriften auf die Veranstalter zukamen. Zusätzliche Ausgaben für Desinfektionsmittel, Corona Tests, Hygienekonzepte oder die Weiterbildung der Mitarbeiter wurden ausgegeben.
Dadurch, dass keine Konzerte oder andere Veranstaltungen stattfinden konnten, hat sich die Branche neue Wege gesucht, um das Publikum zu erreichen. Viele Künstler und Veranstalter setzen seitdem auch auf hybride Events. Virtuelle Veranstaltungen werden immer beliebter.
Mit dem Green Deal stehen zudem noch weitere Mehrkosten bereit. Die neue Wirtschaftsstrategie der Bundesregierung wird einige Veränderungen für die Branche mit sich bringen.
„Diese neue Wirtschaftsstrategie der EU wird große Veränderungen mit sich bringen. Wer sich nicht rechtzeitig um mehr Umweltschutz oder Fördergelder kümmert, zahlt bald drauf“, sagt Randell Greenlee, Bereichsleiter Wirtschaft und Internationales beim VPLT. „Zu bedenken sind Mehrkosten entlang der sozialverträglichen und umweltgerechten Lieferkette, Umstellung von Prozessen in der Produktion, Investitionen in Zertifizierungen und ein besseres Ressourcenmanagement. Zwar soll sich das nachhaltige Wirtschaften langfristig rechnen – kurzfristig erhöht es aber die Kosten.“
Wie raus aus der Krise?
Um die weitere Abwanderung von Fachkräften zu stoppen und auch um neue Insolvenzen zu verhindern, muss die Politik dringend die Rahmenbedingungen für die Veranstaltungsbranche ändern. Mit 250.000 Unternehmen ist dies der sechstgrößte Wirtschaftszweig in Deutschland. Es müssen länderübergreifend Regelungen geschaffen werden, um die Planungssicherheit zu erhöhen.